spanisches Weltreich

spanisches Weltreich
spanisches Weltreich
 
Als am 19. Oktober 1469 der erst 17-jährige Ferdinand, der das Königreich Aragon (bestehend aus Aragon, Katalonien, Valencia, Sardinien und Sizilien) erben sollte, und die ein Jahr ältere Isabella von Kastilien-León heirateten, war die Einheit Spaniens noch nicht erreicht. Im Süden bestand noch das muslimische Reich Granada. Die Vereinigung der Königreiche, welche die »Katholischen Majestäten« erben sollten, wurde erst nach Jahrzehnten vollzogen. Zunächst blieben beide noch weitgehend getrennt und waren lediglich durch die mit der Heirat geschaffene Personalunion verbunden, wobei Kastilien die größere Bedeutung zukam. Schon sehr früh war aber das gegenseitige Erbrecht der Ehepartner in dem jeweiligen Königreich festgelegt worden.
 
Bezeichnend ist, dass die Inquisition, die in Spanien ganz in königlicher Hand lag, seit 1487 die erste gemeinsame Behörde für beide Herrschaften bildete. Dem entsprach auch, dass die Reconquista eine der vordringlichsten Aufgaben der gemeinschaftlichen Herrschaft wurde. 1492 fiel mit Granada die letzte muslimische Bastion auf der iberischen Halbinsel. Zwar wurde den Muslimen zunächst weitgehende Glaubensfreiheit zugesagt, im weiteren Verlauf ging es jedoch um die religiöse Einheit des Staates. Bereits 1492 waren die in Spanien sehr zahlreichen Juden vor die Wahl gestellt worden, sich entweder taufen zu lassen oder auszuwandern. 1502 wurde die muslimische Bevölkerung vor die gleiche Wahl gestellt. Große Teile der jüdischen und maurischen Bevölkerung verließen das Land.
 
Als Karl VIII. von Frankreich den Krieg in Italien eröffnete, war auch die aragonesische Herrschaft in Sizilien betroffen. Es gelang Ferdinand schließlich, das Königreich Neapel zu gewinnen. Eine Verbindung mit Portugal kam zwar nicht zustande, die Macht Spaniens wurde aber durch die mit den von Kolumbus eröffneten Möglichkeiten in Übersee erheblich gesteigert. Johanna, die Tochter Ferdinands und Isabellas, erwies sich schließlich als alleinige Erbin. Da sie mit Philipp dem Schönen, dem Sohn des Kaiser Maximilians, verheiratet war, stand auch das habsburgische Erbe zu erwarten. Nach dem Tod Isabellas (1504), Philipps des Schönen (1506) und Ferdinands (1516) erbte Johanna die beiden Königreiche. Da die Königin jedoch geisteskrank war (»Johanna die Wahnsinnige«), wurde ihr Sohn Karl, der spätere Kaiser Karl V., als Prinzregent eingesetzt. Die Grundlagen für das spanische Weltreich waren unter Isabella und Ferdinand gelegt worden.
 
Voraussetzung für die starke Stellung Spaniens im folgenden Jahrhundert waren auch die inneren Reformen, die unter den beiden »Katholischen Majestäten« erfolgt waren. Ein Bündnis zwischen der Krone und den Städten brach den Widerstand des Adels in Kastilien. Der Aufbau einer zentralen Verwaltung erfolgte mit der Errichtung eines Königlichen Rates von Kastilien, der aus Bürgerlichen und Juristen zusammengesetzten obersten Verwaltungsbehörde (zugleich oberster Gerichtshof). Mit der Inquisition, mit dem Vorschlagsrecht des Königs für die Besetzung der hohen Kirchenämter und Bistümer sowie der Unterord nung der wichtigen Orden schuf Ferdinand eine nationale Kirche, auf die der König großen Einfluss hatte. Die finanzielle Kraft der Krone beruhte auf dem vom König allein abhängigen Steuerwesen. Innere Modernität und außenpolitische Erfolge kamen in Spa nien auf dem Weg zur Universalherrschaft zusammen.

Universal-Lexikon. 2012.

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